Flash Crash: Ursachen und Auswirkungen für Anleger

Lesedauer 6 Minuten

 

Zum Börsenschluss  des 5. Februar 2018 war der Börsenindex Dow Jones um 1175 Punkte gefallen, so viel wie nie in der Geschichte des Dows, was einem Minus von 4,6 Prozent entsprach. Nicht viel besser erging es anderen Indizes. Erfahre, was einen Flash Crash auslöst.

Es war der schwärzeste Tag der US-Märkte seit August 2011, als eine heute längst vergessene Haushaltskrise die Börsen verschreckte.

Schockierend waren diesmal nicht nur die Zahlen, sondern mehr noch die abenteuerlichen, von Computer-Algorithmen forcierten Kursschwankungen, die zu einem Flash Crash an der Wall Street führten.

Diese Volatilität (Schwankungsintensität) der Märkte machte selbst hartgesottene Profis schwindelig.

Wie ein Flash Crash zustande kommt

Von Menschen programmierte Computer steuern einen großen Teil der Aktienkäufe und –verkäufe in der Welt.

Und diese Algorithmen lösen teilweise einen automatischen Verkauf aus, wenn an der Börse gewisse Haltepunkte erreicht bzw. unterschritten werden.

Um dies zu erreichen, geben Anleger häufig sogenannte Stopp-Loss-Orders auf:

Wenn also der Kurs einer Aktie um beispielsweise 5 Prozent gesunken ist, wird automatisch ein Verkauf ausgelöst.

Und diese Stopp-Loss-Orders verstärken dann einen bestehenden Abwärtstrend.

Wobei dies dank modernster Computertechnik alles in Sekundenschnelle passiert.

Für Privatanleger sind das meist kleinere Katastrophen.

Und vor allem ist interessant, dass sie in den Medien als vollkommen unvorhersehbare Ereignisse dargestellt werden.

Doch das sind sie nicht.

Jedenfalls nicht immer.

Und dabei sind sie auch keine Katastrophen, denn nach einem Flash Crash erholen sich die Kurse in der Regel sehr schnell wieder und haben innerhalb kürzester Zeit oft wieder das gleiche Niveau wie vor dem Crash.

Die Kurseinbrüche dauern jeweils nur kurz an und können von entsprechender Software recht genau berechnet werden.

Große Marktteilnehmer besonders hart getroffen?

So stellen es die Medien meist dar.

Aber ist das wirklich so?

Ein Flash Crash verführt in der Regel KleinanlegerInnen dazu, in Panik auszubrechen.

Das ist ganz natürlich:

Wer von kleineren und kleinsten Renditen leben will und sein Glück im Hochfrequenzhandel sucht, muss in der Regel innerhalb von Sekunden auf Kursbewegungen reagieren.

Um größere Verluste zu vermeiden, haben viele Kleinanleger besagte Stop-Loss-Orders platziert.

Noch einmal:

Eine Stop-Loss-Order ist eine Verkaufsorder, die den Verkauf automatisch dann einleitet, wenn eine Aktie um einen bestimmten Prozentsatz oder mehr an Wert verliert.

Um weitere Wertverluste zu vermeiden, werden innerhalb von Sekunden alle Aktien, die vom Wertverlust betroffen sind, veräußert.

Dadurch kann ein Flash-Crash schnell für größere Verluste sorgen.

Das gilt besonders für Exchange Traded Funds (ETFs), weil der Market Maker bei einer Vielzahl von schnell hereinkommenden Verkaufsaufträgen unter Umständen Probleme hat, zutreffende Marktpreise festzulegen.

Dabei kann es passieren, dass im Flash Crash ETFs stärker fallen als der Markt.

ETFs machen beim Flash Crash oft besonders starke Verluste

Die Großanleger dagegen profitieren oft von einem Flash Crash:

Sie können diese sogar absichtlich herbeiführen, um ihre Gewinne zu maximieren.

Große Aktienpakete werden dazu auf einmal auf den Markt geworfen.

Das Prinzip ist eigentlich ganz einfach:

Wenn Großbanken und Hedgefonds gleichzeitig ihre Aktien veräußern, sinken die Kurse in extrem kurzer Zeit um einige Prozent.

In dem Moment greifen die Stopp-Loss-Orders der Kleinanleger, und eine zweite Welle der Aktien flutet den Markt.

Das führt zu einem weiteren Wertverlust, denn die Aktien sinken noch einmal um ein paar Prozent.

Wenn der Preis deutlich gesunken ist, schlagen die Hedgefonds und Großbanken wieder zu und kaufen die Aktien zurück, diesmal zu einem deutlich niedrigeren Preis.

Dadurch steigt der Preis wieder, und zwar so schnell, dass die Kleinanleger kaum Zeit haben, darauf zu reagieren.

Dieses Szenario lässt sich ganz gut planen und durchführen, wenn man mit der entsprechenden Software arbeitet, die die jeweiligen Preise ein wenig im Voraus berechnen kann.

Profis haben diese durchaus zur Verfügung, Kleinanleger jedoch eher nicht.

Händler beobachtet dem Mekt im Flash Crash

Stopp-Loss-Order eigentlich zum Schutz von Kleinanlegern gedacht

Dass Großanleger, Banken und Hedgefonds den Markt dominieren und teilweise nach ihren eigenen Regeln beeinflussen, ist keine neue Entwicklung.

Flash Crashs gibt es nicht erst seit Februar 2018.

Deshalb wurden von den sogenannten Finanzaufsichten der Börsen einige Mechanismen entwickelt, die Kleinanleger schützen sollen.

Eine davon ist die Stopp-Loss-Order.

Allerdings funktioniert das nicht so ganz, denn gerade die Stopp-Loss-Order ist es, die für Großanleger Flash Crashs lukrativ macht.

Erst die zweite Verkaufswelle, nämlich die der Kleinanleger, ist es, die die Gewinne für die Großanleger so richtig in die Höhe treibt.

Daher kann man festhalten, dass die Stopp-Loss-Order alles Mögliche sein mag, aber eher kein Instrument zum Schutz von Kleinanlegern darstellt.

Insgesamt scheint die Finanzaufsicht ihre Aufgabe nicht allzu ernst zu nehmen.

Denn bislang ist kein einziger Fall bekannt, bei dem derartig unangemessenes Verhalten von Großanlegern in irgendeiner Art und Weise zu Konsequenzen geführt hätte.

Immerhin sind auch in der Vergangenheit schon Kleinanleger durch Flash Crashs um erhebliche Summen erleichtert worden.

Großanleger und Hedgefonds verdienen oft am Flash Crash

Rechenbeispiel: Gewinne von 9 Euro bei einem Kurseinbruch von 5 Prozent

Ein einfaches Rechenbeispiel mag verdeutlichen, wie die Gewinne der Hedgefonds und Großbanken zustande kommen:

Wir nehmen an, eine Aktie ist (um der einfachen Rechnung willen) 100 Euro wert.

Nun stoßen einige Großanleger ihre Aktienpakete ab und der Kurs fällt innerhalb von Minuten auf 95 Euro je Aktie.

Jetzt greifen die Stopp-Loss-Orders der Kleinanleger und weitere Aktien gelangen auf den Markt, in deren Folge der Wert auf  91 Euro einbricht.

Der Algorithmus der Großanleger gibt jetzt ein Kaufsignal.

Also kaufen die Großanleger umgehend zu einem günstigen Preis wieder Aktien ein, wodurch der Kurs innerhalb kürzester Zeit auf 97 Euro steigt.

Die immer noch von den Stopp-Loss-Ordern gebeutelten Kleinanleger haben jedoch keinen speziell programmierten Rechner.

Sie sehen, dass die Kurse wieder steigen, und steigen erst jetzt wieder ein.

Sie kaufen also Aktien für 97 Euro je Stück, die sie kurz zuvor für maximal 95 Euro je Stück veräußert haben.

So machen sie Verluste, während die Großanleger die Aktien erst für 100 Euro das Stück verkaufen und anschließend für 91 Euro wieder einkaufen.

Letzteres ist ein sehr gutes Geschäft, bei dem die Großanleger ordentliche Gewinne erzielen.

Kleinanleger sollten vorsichtig sein

Man könnte jetzt im Umkehrschluss einfach allen Kleinanlegern raten, auf die Stopp-Loss-Order zu verzichten.

Aber ist das wirklich empfehlenswert?

Immerhin kann die Stopp-Loss-Order im Normalfall (unter fairen Bedingungen also) tatsächlich größere Verluste verhindern, abhängig davon, wie man als Kleinanleger handelt.

Es wäre zu kurz gedacht, allen Kleinanlegern von diesem Schutzmechanismus abzuraten, nur weil einige Großinvestoren gelegentlich damit Schindluder treiben.

Der bessere Rat an Kleinanleger lautet, sich umgehend zu informieren und nicht allzu blauäugig in den Aktienhandel einzusteigen.

Gute Ratgeber geben die namhaften Verlage heraus, wie beispielsweise Haufe mit dem Kleinen Börsen-Lexikon.

Vor allem aber sollten sich Kleinanleger genau überlegen, was sie wollen.

Fazit: Spekulation oder Anlage?

An der Börse zu investieren birgt Risiken: Flash Crash

So klar ist die Linie zwischen Spekulation und Anlage nicht gezogen.

Aber es gibt sie immerhin.

Im allgemeinen Sprachgebrauch wird unter der Anlage eher eine langfristige Investition gesehen, die über viele Jahre hinweg zwar nicht spektakuläre, aber dann am Ende doch eine brauchbare Rendite einbringt.

Als Spekulation dagegen werden hochriskante, kurzfristige Investitionen angesehen, die vielleicht auf kurze Sicht das schnelle Geld bringen.

Oder aber zum Totalverlust führen können.

Daher wird immer nur so viel Geld investiert, dass man die Verluste ohne Tränen verkraften kann.

Also höchstens 5 Prozent des insgesamt zur Verfügung stehenden Kapitals.

Es geht hier also eher um Mikrogewinne, wie zum Beispiel beim Daytrading.

Und damit die sich wieder lohnen, müssen zahlreiche Geschäfte zeitgleich abgewickelt werden.

Das sogenannte Daytrading lebt vom schnellen Kaufen und Verkaufen auch kleinster Positionen, so dass sich am Ende des Tages die vielen kleinen Beträge zu einem ordentlichen Gewinn kumulieren.

Hier machen Stopp-Loss-Orders immer Sinn, denn sie können dem Trader Kopfschmerzen und böse Verluste ersparen.

Auch diejenigen, die schon vor langer Zeit investiert haben und sich in der Endphase ihrer Investition befinden, profitieren von Stopp-Loss-Orders.

Diese können nämlich verhindern, dass in den letzten Tagen vor Auszahlung noch größere Verluste auftreten.

Wer allerdings gerade erst angefangen hat, in Aktien-(ETFs) zu investieren, sollte selbige einfach noch ein paar Jahre liegen lassen.

Buy and hold heißt die Devise.

Diese wird übrigens auch vom legendären Investor Warren Buffet praktiziert.

Denn – das hat die Vergangenheit gezeigt – vertrauenswürdige und solide Unternehmen erleben zwar hin und wieder kurzfristige Krisen, langfristig jedoch steigen die Kurse kontinuierlich an.

Sicher war der 5. Bebruar 2018 nicht der letzte Flash Crash, den wir an der Börse gesehen haben.

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